Arno Ströhle
Arno Ströhle

Mein zweiter Marathon steht bevor

(April 2006)

 

Nachdem ich im September vergangen Jahres bei meinem ersten Marathon in Berlin 3:43 gelaufen bin, möchte ich doch nun in Hamburg die 3.30 erreichen. 13 Minuten schneller als im letzten Lauf, das ist schon eine Menge Holz. Wenn ich daran denke, wie kaputt ich damals war, muss ich mich fragen, wie machst du das nur. Ich hoffe nur, dass ich nicht wieder so wirres Zeug zusammenlaufe wie in Berlin.  Nur Ruhe bewahren und nicht soviel Zickzack laufen. Wenn ich etwas Glück habe kann ich mich an einen zügigen Läufer ran hängen der mir den Weg frei macht. Ich fiebere schon jetzt wieder dem Wettkampf entgegen, aber es sind ja noch zwei Wochen bis zum Start in Hamburg. Ich kann mich immer noch nicht auf meine Wettkampftaktik festlegen. Ich bin hin und her gerissen zwischen Sicherheit und Risiko. Bei der Anpeilung eines 5er-Schnitts wäre relativ viel Sicherheit vorhanden den Wettkampf mit 3:30 zu beenden. Andererseits reizt es mich, in die Zeitnähe der letztjährig gelaufenen Zeit in Hamburg, die einer meiner beiden Holger Maiers gelaufen ist, zu kommen. Hierzu müsste ich jedoch einen ca. 4:45er-Schnitt laufen und das ist schon Risiko. Es könnte nämlich sein, dass ich dieses Tempo „noch“ nicht durchhalte und ich einen Gewaltmarathon laufen muss. Hinterher sage ich dann wieder, was hast du denn da wieder gemacht?  Oder auch nicht?

 

Wenn ich meine Trainingsanalyse zu Rate ziehe, so müsste ich einen 5er-Schnitt anpeilen. Aber meine bisherige, wenn nur kleine, Wettkampferfahrung hat gezeigt, dass ich im Wettkampf mehr Leistung vollbringe als im Training. Also ein Spiel mit dem Feuer? Vielleicht reizt mich zur Zeit gerade dies. Der Kampf mit dem Ungewissen, was kommt, wo sind meine Grenzen und was erreiche ich am Ende des Wettkampfs. Habe ich wirklich alles gegeben? Habe ich noch Reserven? Habe ich mich geschont? Wäre noch mehr drin gewesen? Habe ich meine zu Beginn des Laufs festgelegte Renntaktik eingehalten? Oder bin ich ohne richtigen Plan durch die Gegend gelaufen? Dass alles sind Fragen, die ich am Ende eines Wettkampfs beantworten muss. Alles andere ist nur ein Mitlaufen mit der Masse. Ich meine, das tun wir mit unseren Laufzeiten sowieso. Aber solange ich mich mit meiner Leistung in meiner Altersklasse im ersten Viertel der Finisher befinde und mich sogar stetig weiter nach vorne arbeiten kann, hebe ich mich doch in gewisser Weise von der Masse ab. Das hat nichts mit Eigenlob oder Überheblichkeit zu tun, sondern es sind unwiderlegbare Ergebnisse, die in der Statistik zu finden sind und nur durch harten Trainingsfleiß, der zum Teil hart an der eigenen Leistungsfähigkeit lag, erarbeitet werden musste.

 

Jetzt glaubt aber bloß nicht, ich wäre ein wettkampfgeiler Adrenalin - Junkie. Nein! Ich werde noch „sehr viele“ Erlebnisläufe unternehmen, nur kann es für mich bei einem Wettkampf keinen so genannten Genusslauf geben. Ein Wettkampf ist ein „Wettkampf“, hier wird um Zeit gelaufen und was anderes gibt es für mich nicht. Wenn ich einen Genusslauf unternehmen will, dann stelle ich mir schon einen  Lauf vor, der in der Landschaft und über eine längere Strecke geht, vor. Ich will ja was davon haben. Die Zeit, die Ruhe, die Landschaft, hierzu benötigt man genügend Zeit. So etwas werde ich im Sommer als Tageslauf oder als mehrtägiges Laufereignis mal vornehmen. Ohne die Zeit im Nacken, die einem bei einem Wettkampf im Nacken liegt. Und hier komme ich auch schon zur nächsten Zielrichtung. Ich werde vermutlich ab der nächsten Laufsaison nur einen großen Stadtlauf und dafür mehr Provinz- und Landschaftsläufe buchen und wenn möglich einen Reisemarathon. Denn mein Wettkampf-Adrenalin habe ich bei jedem Wettkampf, nur in der großen Stadt kommt noch die Hektik dazu und so reicht es, wenn so nach und nach mal jede Stadt dran kommt. Bei den Provinzläufen kann ich mehr in mich hinein hören und ganz ruhig und ohne Stress mein Wettkampf-Tempo laufen. Und noch etwas, bei den Veranstaltungen wo Top-Athleten eingekauft werden damit schnelle Zeiten gesichert sind, verblassen die Leistungen der Basis.

Aber wie gesagt, ich sehe mich im Verhältnis zu meiner Altersklasse und alles andere drum herum ist nicht so wichtig. Das heißt nicht, dass ich mich nicht freue, wenn ich eine Leistung eines mir näher bekannten jüngeren Läufers Toppen kann, dies ganz besonderes, wenn es sich um meinen Holger Maier handelt. So, jetzt wird es auch endlich mal Zeit, zu erklären, wer eigentlich der Holger Maier ist. Jetzt im nächsten Kapitel.